Eine seltene Komplikation für konstante Ganggenauigkeit
Oft braucht es spezielle Lösungen, um herausragende Ergebnisse zu erzielen. Dem Anspruch folgend, niemals stehen zu bleiben, suchen die Uhrmacher von A. Lange & Söhne stets nach Wegen, traditionelle Uhrmacherkunst weiterzuentwickeln.
Eine der größten Herausforderungen für mechanische Zeitmesser ist es, möglichst genaue Gangwerte zu erreichen. Zu diesem Zweck wurden bereits vor über 200 Jahren Komplikationen wie das Tourbillon entwickelt. Weniger bekannt und seltener als Tourbillons sind Uhren mit Nachspannwerk. Dieser Mechanismus, auch bekannt als Remontoire d’egalité, versorgt die Unruh einer mechanischen Uhr mit möglichst konstanter Kraft – unabhängig davon, ob die Uhr voll aufgezogen oder fast abgelaufen ist.
Wie funktioniert ein Nachspannwerk?
Die Zugfeder einer mechanischen Uhr gibt ihre Kraft nicht konstant ab. Ist sie voll aufgezogen, leitet sie mehr Energie weiter als gegen Ende der Gangreserve. Das wirkt sich auch auf die Präzision aus: Ohne eine Ausgleichsfunktion würde die Uhr mit der Zeit etwas langsamer und damit ungenauer laufen.
Dies betrifft vor allem Modelle mit einer außergewöhnlich hohen Gangreserve oder einer starken Aufzugsfeder. Bei Uhren mit einer Gangreserve von zwei bis drei Tagen ist der Unterschied zwischen dem Anfangs- und dem Enddrehmoment nicht sehr groß, während er bei 14 oder sogar 31 Tagen Gangreserve erhebliche Auswirkungen auf die Gangstabilität hat.
Ein Nachspannwerk löst dieses Problem auf raffinierte Weise: Eine bereits unter Vorspannung stehende Antriebsfeder wird in kurzen Intervallen jeweils geringfügig nachgespannt – beispielsweise einmal pro Sekunde oder einmal pro Minute. In demselben Zeitraum leitet sie die dabei aufgenommene Energie an die Gangpartie weiter. Die Spannung der Antriebsfeder wird durch das Nachspannen in so kurzen Abständen jeweils nur minimal erhöht – und fällt innerhalb des Intervalls entsprechend auch nur minimal ab. So wird die Unruh über die gesamte Laufzeit der Uhr hinweg mit konstanter Kraft angetrieben.
Eine Komplikation – drei Anwendungsarten: die Konstantkraft-Mechanismen bei Lange
Eine der reizvollsten Eigenschaften eines Nachspannwerks ist, dass es zwar vorrangig entwickelt wurde, um die Ganggenauigkeit zu verbessern, zugleich aber weitere Aufgaben erfüllen kann. Das reicht von der klassischen Sicherung konstanter Gangwerte über eine Laufzeit von mehreren Wochen hinweg, wie bei der LANGE 31, bis zur Impulsgabe für die Weiterschaltung der Sprungziffernanzeige der ZEITWERK-Modelle oder zur Steuerung des Sekundenzeigers der RICHARD LANGE SPRINGENDE SEKUNDE.

Wie der Sprung des Pumas
Bei den ZEITWERK-Modellen dient das Nachspannwerk nicht nur dazu, die Gangpartie mit gleichbleibender Kraft zu versorgen, sondern es steuert gleichzeitig die Schaltimpulse zum Weiterschalten der Sprungziffern. Wie ein Puma, der zum Sprung ansetzt, muss das Federhaus minütlich einen hohen Energieimpuls bereitstellen. Das Nachspannwerk ist so konstruiert, dass exakt alle 60 Sekunden ein Nachspannvorgang durchgeführt wird. Während des Nachspannens wird für einen kurzen Moment das volle Drehmoment des Federhauses freigesetzt. Dieser Kraftstoß wird augenblicklich genutzt, um neben dem Nachspannen auch die Zifferscheiben weiterzuschalten.

Wie ein Kolibri beim Schwirrflug
Bei der RICHARD LANGE SPRINGENDE SEKUNDE sind das Nachspannwerk und der Mechanismus der Springenden Sekunde zwar auf zwei Räderzüge verteilt, dennoch sind sie untrennbar miteinander verbunden. Wie ein Kolibri, der für seinen Schwirrflug eine hohe Flügelschlagfrequenz benötigt, muss das Nachspannwerk sekundengenau und in schneller Folge agieren. Einmal in der Sekunde wird das Federhaus kurzzeitig freigelassen. Dabei bewegt es gleichzeitig den Sekundenzeiger um eine Sekunde weiter und spannt die Feder des Nachspannwerks ein kleines Stück nach. Ganz nebenbei läuft die Uhr durch die konstante Antriebskraft sehr genau.

Mit der Ausdauer eines Marathonläufers
Mit zwei starken Aufzugsfedern stellt das Doppelfederhaus der RICHARD LANGE EWIGER KALENDER „Terraluna“ eine Gangreserve von 14 Tagen zur Verfügung. Bei der LANGE 31 sind es sogar 31 Tage. Wie ein Marathonläufer braucht dieses Nachspannwerk eine große Menge Energie und – noch wichtiger – es muss sich seine Kraft gut einteilen. Bei einem Federhaus mit einer so großen Leistung wäre bei Vollaufzug das Drehmoment zu hoch, um direkt an die Gangpartie weitergegeben zu werden. Und mit abnehmendem Drehmoment würde die Genauigkeit am Ende der Laufzeit nachlassen. Damit der Gang der Uhr über den gesamten Zeitraum stabil bleibt, ist bei beiden Uhren zwischen Doppelfederhaus und Gangpartie ein patentiertes Nachspannwerk geschaltet.

Es sorgt dafür, dass das Doppelfederhaus alle zehn Sekunden eine geringe Energiemenge abgibt. Damit wird die Antriebsspirale um einen Winkel von 60 Grad nachgespannt. Dabei nimmt sie exakt die Energie auf, die sie während der nächsten 10 Sekunden an Ankerrad, Anker und Unruhspirale weitergibt. Da die Antriebsspirale immer wieder genau die gleiche Energiemenge abgibt, wird die Uhr an allen Tagen mit der gleichen Kraft angetrieben. Das Ergebnis ist eine konstante Amplitude und dadurch eine besonders hohe Ganggenauigkeit. Sowohl die Antriebsspirale des Nachspannwerks als auch die Unruhspirale sind im eigenen Haus gefertigt und können so optimal auf das Uhrwerk abgestimmt werden.
Komplikationen



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