Die Schwerkraft ist die rätselhafteste aller physikalischen Größen und hat die Fantasie der Menschen zu allen Zeiten beschäftigt. In H. G. Wells’ 1901 erschienenem Buch „Die ersten Menschen auf dem Mond“ entwickelt der exzentrische Wissenschaftler Cavor ein geheimnisvolles Material, das sich den Wirkungen der Schwerkraft entzieht. In der Realität lässt sich die Gravitation leider – oder glücklicherweise – weder aufheben noch abschirmen. Hundert Jahre vor dem Erscheinen von Wells’ Roman war es der Uhrmacherei immerhin gelungen, die Schwerkraft zu überlisten – mit der Erfindung des Tourbillons.
Das Tourbillon ist die uhrmacherisch wohl anspruchsvollste Komplikation, um die Ganggenauigkeit einer mechanischen Uhr zu erhöhen. Seine 1801 patentierte Konstruktion wurde zuerst in Taschenuhren, später auch in Armbanduhren eingesetzt: Um den Einfluss der Schwerkraft auf einen möglichen Schwerpunktfehler der Unruh auszugleichen, rotieren die gangbestimmenden Teile – Unruh, Anker und Ankerrad – einmal in der Minute in einem Käfig um das feststehende Sekundenrad.